Gutes Hören bedeutet Lebensqualität

In Deutschland leiden nach neuesten Untersuchungen 15 Mio. Menschen an Hörproblemen. Anlässlich des „Tag des Hörens“ am 13.05.2015 unterhielten wir uns mit dem HörWerker Ralf Deistler, Meister im Hörgeräteakustik-Handwerk, zum Thema Hören und Lebensqualität, Hörgeräte und deren Anpassung.

Wie entstehen Hörprobleme? 

Der Hörsinn arbeitet unser ganzes Leben lang Tag für Tag und rund um die Uhr, so dass er uns auch nachts bei Gefahren alarmieren kann. Mit zunehmendem Alter lässt diese Hörfähigkeit, wie auch andere Körperfunktionen, oft nach. Ausserdem ist unser Gehör nicht dafür konzipiert, pausenlos mit einer so starken Geräuschkulisse umgehen zu müssen, wie wir sie mittlerweile nicht nur in großen Städten erleben. Dazu kommen noch Lärmsituationen im Beruf oder in der Freizeit, die unser Gehör nachhaltig schädigen können und somit zu Hörproblemen führen.

Bitte nennen Sie Beispiele!

Im Beruf sind es z.B. laute Maschinen wie Sägen, Presslufthammer usw., Bohrer und Fräsen in Dentallaboren und Zahnarztpraxen,  auch Kinderlärm in Schulen und Kitas sind nicht zu unterschätzen und nicht in jeder Situation kann ein Gehörschutz getragen werden. In der Freizeit sind es z.B.  zu laute Musik, gerade unter Kopfhörern, Knallgeräusche beim Jagen, Verkehrslärm.

Warum werden Hörprobleme relativ spät bemerkt?

Hörprobleme entstehen nicht über Nacht. Es ist ein langsamer und schleichender Prozess, der von den Betroffen meistens später bemerkt wird als von seinen Mitmenschen. Diesen fällt auf, dass man öfter nachfragt, mitunter falsche Antworten gibt, lauter spricht und den Fernseher lauter stellt und doch überzeugt ist, normal zu hören. „Man würde ja besser verstehen, wenn die Anderen nicht so nuscheln würden.“ ist ein Satz, den ich häufig höre.

Beratungsgespräche mit Ralf Deistler
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Wieso ist es wichtig, so früh wie möglich mit einer Hörgeräte-Versorgung zu beginnen?
Beginnende Hörprobleme lernt man zu kompensieren: man dreht den Kopf in die Richtung des Sprechenden, man liest von den Lippen ab und das Gehirn ergänzt in der ersten Zeit noch die fehlende Stimulation, so dass aus unvollständigen Wörtern doch noch ein sinnvoller Satz entsteht. Dies erfordert eine enorme Konzentration und mit zunehmender Hörbeeinträchtigung wird diese Kompensation immer schwieriger und anstrengender für den Betroffenen. Irgendwann kann das Gehirn die fehlenden Informationen nicht mehr ergänzen, da zu lange zu wenig Informationen aufgenommen wurden. Man spricht dann von einer Hörentwöhnung. Das ist mit einem Muskel zu vergleichen, der aufgrund mangelnder Beanspruchung immer schwächer wird.

Was ist bei der Auswahl eines Hörgerätes zu beachten?

Nach einem ausführlichen Hörtest gilt es zusammen mit dem Hörgeräteakustiker aus der breiten Palette an modernen Hörgeräten das richtige herauszufinden. Die Bauformen reichen von klein und unauffällig bis zu robust und einfach zu handhaben. Das Angebot startet bei Basisgeräten ohne Zuzahlung, also komplett von der Krankenkasse bezahlt, und endet bei Hightech-Hörcomputern für mehrere Tausend Euro. Das Beste und Teuerste muss nicht unbedingt das Sinnvollste sein, aber auch bei Hörgeräten geht der Preis mit der gebotenen Leistung einher. Ein guter Akustiker zeigt Ihnen die Unterschiede der Geräteklassen und lässt Sie sogar verschiedene Techniken im Alltagsvergleich testen.

Wie verläuft die Anpassung eines Hörgerätes?

Nach der Anprobe der Passform stellt der Akustiker die Hörgeräte auf die gemessene Hörkurve ein. Da jeder Mensch ein individuelles Klangempfinden hat und sich auch das akustische Umfeld im Alltag sehr unterschiedlich darstellt, beginnt dann die Feinabstimmung der Hörgeräte. Dies geschieht in einer mehrwöchigen Ausprobe- und Gewöhnungsphase. 

Wovon hängt der Erfolg einer Hörgeräteversorgung ab?

Da gibt es zwei entscheidende Faktoren: der Betroffene selbst und der versorgende Hörgeräteakustiker. 

Je nachdem wie stark die Hörentwöhnung fortgeschritten ist, gilt es die Hörverarbeitung im Gehirn wieder zu aktivieren. Damit das funktioniert, muss der Betroffene bereit sein, die Hörgeräte mindestens 6 Stunden pro Tag zu tragen und sich an das wiedergewonnene Hören zu gewöhnen. Dieses Training kann durchaus mehrere Wochen in Anspruch nehmen, in denen der Akustiker die Höreindrücke immer intensiver werden lässt (sog. gleitende Anpassung).

Da sind Geduld und realistische Erwartungen gefragt. Frühzeitiges Handeln erleichtert nicht nur die Anpassphase, es verkürzt sie auch.
Der zweite Faktor ist der Hörgeräteakustiker. Die Anpassung von modernen Hörgeräten ist echtes Handwerk und erfordert Erfahrung und Können bei der Abstimmung der Technik, Geschick bei der Ausarbeitung und Anpassung der Passform  und viel Fingerspitzengefühl beim Umgang mit Menschen.

Was macht eine handwerklich gute Anpassung aus?

Zuallererst sollte die Ankopplung des Hörgerätes an das Ohr individuell und nach Maß gefertigt sein. Dazu nimmt der Akustiker einen Ohrabdruck und stellt per Handarbeit eine individuelle Otoplastik. Es gibt zwar diverse Standard-Ankoppelungen aus weichem Silikon – sog. Domes. Diese sind aber für ein Standardohr entwickelt worden. Und wer hat schon ein Standardohr? Wer einen hohen Tragekomfort seiner Hörgeräte möchte, sollte unbedingt auf individuell gefertigte Otoplastiken bestehen. Nur so ist ein modernes Hörgerät komplett.

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Ein weiterer Faktor ist das Einmessen der Hörgeräte am Ohr. Die Grundeinstellung eines Hörgerätes wird am Computer vorberechnet. Der Computer weiß zwar, wie der Betroffene hört und welche Hörgeräte angepasst werden. Er kennt aber nicht die jeweilige Akustik des Ohres und die exakte Übertragung des Hörgerätes. Bei modernen Anpassverfahren wie z.B. der Perzentilanalyse wird der Schall vor dem Trommelfell gemessen. So sieht der Akustiker, ob die Verstärkung auch wie berechnet ankommt und kann damit das Hörgeräte gezielter einstellen.

Viele Betroffene haben Hemmungen, sich mit Hörgeräten zu beschäftigen. Wie kann man diese überwinden?

Leider haben viele bei Hörproblemen die Assoziation mit Alt-Sein und Ein-Defizit-Haben. 
Die Zahl von  15 Mio. Menschen mit Hörproblemen in Deutschland - also fast jeder Fünfte! - zeigt aber, dass man nicht alleine mit seinem Problem ist. Eine Brille zum Ausgleich einer Sehschwäche ist in unserer Gesellschaft heute ganz normal. Bei Hörgeräten zum Ausgleich einer Hörschwäche sind wir davon leider noch weit entfernt.

Am leichtesten kann man die Hemmschwelle dadurch überwinden, dass man frühzeitig beginnt. Akustiker bieten immer wieder die Möglichkeit an, moderne Hörgeräte unverbindlich und kostenlos zu testen. Man sollte dann nur darauf achten, dass der Akustiker eine individuelle Hörlösung nach Maß für eine längere Probephase anbietet und nicht nur ein Standardgerät ohne großen Aufwand mal schnell mitgibt.

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